An diesem Abend hatte ich eine schwere Entscheidung zu treffen, wie eigentlich immer, wenn das Thema „Essen“ zur Sprache kommt. Ich kann mich in dieser Hinsicht nie schnell entscheiden. Aber wenn es dann so weit ist, gehe ich in den sogenannten Labrador-Modus über. Es gibt nur noch das Essen und mich. Ich strafe meine Umgebung und somit auch diejenigen, die mich begleiteten, mit Nichtachtung. Ok, ich übertreibe ein wenig. Dennoch steckt ein Fünkchen Wahrheit darin, denn wenn ich einmal mit Essen beschäftigt bin, stellt es für mich eine erhebliche Schwierigkeit dar, mich an einer Unterhaltung zu beteiligen, die über Laute hinausgeht.
Letztlich hatte ich mich dazu entschlossen, mit meinem „Neger“ (Management) und meinem Kumpel Stephan zum Italiener am Aufseßplatz (Rondell) zu gehen. Dort aß ich eine große Portion Spaghetti Bolognese mit einer noch größeren Portion Parmesankäse, den mein Management vorher besorgt hatte. Das soll nicht arrogant oder irgendwie abgehoben klingen. Ja, ich habe einen Manager, weil ich keine Ahnung von Vermarktung und ähnlichem habe. Ich bin nur ein Schriftsteller. Und ja, ich habe meinen eigenen Käse ins Restaurant mitgebracht. Das war allerdings einzig und allein eine Präventivmaßnahme, die seitens meines Managements ergriffen wurde, um die Restaurantbesitzer und zugleich mich zu schützen. Ich brauchte wirklich Unmengen von Käse für meine Spaghetti, weshalb mein „Neger“ immer in der Angst lebte, ich könnte sämtliche Parmesanbestände jedes Restaurants aufbrauchen, was mich in seinen Augen auf eine Schwarze Liste gebracht und es mir nicht mehr gestattet hätte, einen Italiener zu betreten.
Ja, es ist schon erstaunlich, wozu einen Ängste einhergehend mit dem Beschützerinstinkt treiben. Das ist nicht verwerflich. Das macht meinen „Neger“ aus. Ein gesundes Pflichtbewusstsein und die nahezu grenzenlose Fürsorge, die er seinem Schützling entgegen bringt.
Die Bedienung schaute ziemlich verdutzt drein, als sie gebeten wurde, die Verpackung aufzuschneiden. Ich würde fast sagen, sie schmollte ein wenig. Aber ich glaube, spätestens als sie sah, wie viel ich mir von dem „Weissen Gold“ über meine Teigwaren streute, wurde ihr klar, dass es nicht böse gemeint war.
Dieser Abend hatte etwas eigenartig Besonderes an sich. Er war in seiner Schlichtheit so wunderschön, so harmonisch. Doch war es wirklich der Abend? Nein, wenn ich genauer darüber nachdenke, kann es nicht nur der Abend gewesen sein. Tageszeiten, sind sie auch noch so schön, zeigen sie auch ihr noch schönes Gesicht, können mich nicht aus meinem Labrador-Modus reissen. Es muss die reizende Bedienung Canan gewesen sein. Sie hat etwas, diese Frau, und ich glaube, ich war ihr auch ganz sympathisch. Trotzdem erscheint es mir etwas dürftig, diese einzigartigen Stunden, die ich mit meinem Management und meinem Kumpel Stephan verbracht hatte, einzig mit der Begegnung Canans zu begründen. So sehr mich ihr Auftreten faszinierte, waren es doch viel mehr ihre Worte, die mir in Erinnerung blieben.
Mein Neger rührte für mich, professionell und pflichtbewusst wie er ist, die Werbetrommel. Er erklärte der charmanten Bedienung, woran ich gerade arbeitete und sprach über mögliche, zukünftige Projekte, eben über all das, was unter Promotion fällt.
Zum Abschluss seiner Ausführungen fragte er sie, ob sie Interesse habe, auf meinem Blog zu erscheinen. Die Frage, war nur, wie? Anfangs hatte ich keine Idee. Doch als wir Fotos schossen, um das Abendessen zu dokumentieren, sagte Canan, das, was mir diesen Eintrag ermöglichte und mich unverhofft zum Nachdenken brachte. Kurz bevor der Auslöser gedrückt wurde und die Kamera sie und mich ablichten sollte, sagte sie: „Der Käsekönig.“ Niemand hatte mich zuvor so genannt, obwohl sehr viele von meinem exzessiven Parmesankonsum hinsichtlich Teigwaren wussten.
Hätte ich mich an diesem Dienstag nicht für Nudeln entschieden, wäre der Käsekönig nie geboren worden. Und das wiederum bedeutet, dass die Idee nie hätte verwirklicht werden können. So konnte eine scheinbar unbedeutende Entscheidung an Gewichtung gewinnen. Vielleicht trifft man im Leben öfter scheinbar unbedeutende Entscheidungen, die erst in einem späteren Verlauf bedeutsam werden, weshalb es ratsam wäre, diesen von Beginn an mehr Beachtung zu schenken. Ich bin jedenfalls froh, dass ich mich für die Nudeln entschieden hatte und somit die Geburt des Käsekönigs erleben konnte.
Lang lebe der Käsekönig!